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Vorträge & Diskussionen

Glas - von einem alten Material zu moderner Physik

Konrad Samwer ML, Göttingen

Datum: Dienstag, 23. November 2010
Ort: Halle (Saale)

Monatssitzung der Leopoldina
Vortragsgebäude der Akademie
Emil-Abderhalden-Str. 36, 06108 Halle (Saale)

Fragt man allgemein: "Was ist ein Glas?", so bekommt man zunächst den Hinweis auf das Fensterglas, also SiO2 mit Beimengungen, oder das Trinkgefäß als Antwort. Bekannt sind diese schon seit 3000 v. Chr. und die heute so bewunderte Glasblasetechnik bei Venedig wurde schon 50 v. Chr. von den Römern entwickelt. 
Das wesentliche Merkmal von Gläsern ist jedoch nicht ihre Transparenz oder Sprödigkeit, es ist vielmehr die molekulare Struktur, die dem Glasbegriff zugrunde liegt. Gläser gibt es in einer Vielzahl von Materialklassen, sie sind als moderner Werkstoff bei Glasfasern, Plastiktüten, Keramiken, Holz, metallischen Systemen, Biomaterialien und in vielen anderen Beispielen zu finden. Flüssigkeit und Glas haben im Gegensatz zum Kristall keine langreichweitige Ordnung ihrer Bausteine (Kristallstruktur) und sind allenfalls durch eine Nahordnung (ggf. auf nm-Skala) gekennzeichnet. Die Bausteine der Materie (Atome, Moleküle, Proteine etc.) sind in der Flüssigkeit leicht beweglich (z. B. Brown’sche Bewegung, ggf. auch kooperative Bewegungen), hingegen im Kristall und im Glas “eingefroren“ und fest verankert. Eigentlich gehören Gläser zu den Flüssigkeiten und unterscheiden sich von diesen durch eine so langsame Dynamik ihrer molekularen Bestandteile, dass sie auf den Zeitskalen des äußeren Beobachters wie ein fester Körper wirken. In diesem Vortrag sollen daher alte Begriffe der Glasmaterialien zusammen mit modernen Methoden der Experimentalphysik und theoretische Modelle für Flüssigkeiten und Gläser vorgestellt werden.