Leopoldina Home Menü

Leopoldina Home

Wissenschaftshistorische Seminare

„Die armseligen 24 Zeichen“? Georg Forster als Nature Writer

Mehr zu '„Die armseligen 24 Zeichen“? Georg Forster als Nature Writer'

Bild: George Forster, Black-fronted Parakeet, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Vortrag im Wissenschaftshistorischen Seminar von PD Dr. Tanja van Hoorn (Bochum)

Datum: Dienstag, 7. November 2023
Uhrzeit: 18:00
Ort: Franckesche Stiftungen, Neubauer-Saal, Haus 52, Franckeplatz 1, 06110 Halle (Saale) und Online

‚Nature Writing‘ bezeichnet Naturtexte, die ästhetisch durchgeformt von sinnlichen Wahrnehmen eigener Naturbegegnungen erzählen. Die Notwendigkeit einer derartigen Erfahrung hat der 35-jährige Georg Forster in einem berühmt gewordenen Brief an Friedrich Heinrich Jacobi unterstrichen: „Denn am Ende, mehr hat man doch nicht, als was einem durch diese zwei kleinen Öffnungen der Pupille fällt und die Schwingungen des Gehirns erregt! Anders als so nehmen wir die Welt und ihr Wesen nicht in uns auf. Sie armseligen vierundzwanzig Zeichen reichen nicht aus; etwas ganz anderes ist die Gegenwart der Dinge und ihr unmittelbares Einwirken.“ Dies ist ein emphatisches Bekenntnis zum Empirismus.

Als Schriftsteller aber weist Forster damit auch auf die Herausforderung hin, die die Versprachlichung von Erfahrung immer darstellt: Wie nämlich kann man das Alphabet so nutzen, dass die Fülle der Welterfahtung nicht in spröder Statistik verkümmert, sondern im Raum der Sprache funkelt? An dieser Kernfrage des Nature Writing arbeitet Forster mit großem Erfolg seit seiner Reise um die Welt (1778/80).

Der Vortrag stellt Forster als Begründer eines deutschsprachigen Nature Writing vor. Seine Reiseberichte und Essays werden vor dem Hintergrund der beiden Portalfiguren des Genres gelesen: Henry David Thoreaus „Walden“ (1854) und Gilbert Whites „Natural History and Antiquities of Selborne“ (1789). Während Thoreau über die zwei Jahre, die er in einer einfachen Holzhütte verbrachte, ein flammendes essayartiges Plädoyer für ein Leben in „wahrer Ganzheit“ und „Einfachheit“ verfasst, präsentiert der Landpfarrer Gilbert Whites eine wohlkomponierte Folge naturkundlicher Briefe zu Fragen des Vogelzugs und der Veränderungen von Landschaft. Exponierter als diese beiden Gründungsväter des Nature Writing stellt sich der Reisende Georg Forster der Vielfalt der Naturphänomene auf der ganzen Welt und versprachlicht diese in schönster Prosa.

Tanja van Hoorn ist Privatdozentin und vertritt seit 2020 die Professur für „Literatur und anthropologisches Wissen“ am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Ihre Forschungsschwerpunkte befassen sich mit Konstellationen von Literatur und Wissen seit der Frühen Neuzeit, insbesondere das Verhältnis von Natur und Literatur.

Es laden Sie herzlich ein: Prof. Dr. Rainer Godel, Prof. Dr. Dieter Hoffmann ML und Prof. Dr. Christina Brandt ML (Leopoldina) und Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke und Prof. Dr. Holger Zaunstöck (Franckesche Stiftungen).

ML = Mitglied der Leopoldina

Weitere Informationen

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit den Franckeschen Stiftungen zu Halle statt und richtet sich an alle fachlich Interessierten.

 

Die Teilnahme ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltung wird online übertragen: Den Webex-Link finden Sie hier.

Kontakt

Prof. Dr. Rainer Godel
Leiter der Abteilung Zentrum für Wissenschaftsforschung
E-Mail: lzfw@leopoldina.org