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Assoziiertes Projekt

Zwischen Dokumentation und Selbstinszenierung

Selbstverfasste Lebensläufe von Mitgliedern der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vom späten 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts

Zwischen Dokumentation und Selbstinszenierung

Bild: Personalakte von Rechtswissenschaftler Hans Kreller im Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften | Sandra Klos

Gemessen an symbolischem Kapital stellt die Gelehrtengesellschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, gegründet 1847, die wissenschaftliche Elite Österreichs dar. Ordentliche Professorinnen und Professoren und höhere wissenschaftliche Beamtinnen und Beamte bilden bis zu ihrem Tode eine geschlossene Gesellschaft, zu der nur die geheimen Wahlen die Türen öffnen. Stirbt ein Mitglied wird eine Schülerin oder ein Schüler bzw. eine Kollegin oder ein Kollege damit beauftragt, einen Nachruf zu verfassen, der anschließend im Akademie-Almanach veröffentlicht wird.

Weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass diese Nachrufe bereits zu Lebzeiten von den Akademiemitgliedern vorbereitet werden, in dem diese selbstverfasste Lebensläufe einreichen. Ausgehend von diesen Lebensläufen wird das Dissertationsprojekt die personelle Zusammensetzung, institutionelle Organisation und historische Transformation der österreichischen Wissenschaftslandschaft vom ausgehenden 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts näher beschreiben.

Bei der Untersuchung werden die Bourdieu’schen Konzepte zu Kapitalarten, sozialen Feldern und distinktem Habitus hinzugezogen. „Wissenschaft“ allgemein betrachtet und akademische Subkulturen im Speziellen werden als soziale Felder begriffen. Durch quantitative, sozialgeschichtliche Analysemethoden wird das soziale Kapital der Autobiographen (im Untersuchungszeitraum alle männlich) bestimmt. Die Analyse von fördernden und hemmenden Faktoren auf den Karriereverlauf dynamisieren das Bourdieu’sche Modell und sollen die beobachtbare Anhäufung von kulturellem und ökonomischen Kapital erklären. Die narratologischen Elemente der Autobiographie werden schließlich als Ausdrucksform eines gelehrten, bourgeoisen Habitus interpretiert.

Ziel ist es, soziologische, literaturwissenschaftliche und (auto)biographiehistorische Ansätze in der Wissenschaftsgeschichte anzuwenden und somit einen Beitrag zu kulturwissenschaftlichen Fragestellungen nach sozialen und narratologischen Lebensentwürfen zu leisten. Die zentrale These des Projektes lautet, dass eine „wissenschaftliche Persona“ sich nicht nur über ihre Forschungsleistungen definiert, sondern auch durch ihr biographisches Handeln. Das Schreiben über sich selbst ist damit nicht nur die Dokumentation eines wissenschaftlichen Lebensentwurfes, sondern zugleich selbst eine wissenschaftliche Praxis.

Projektlaufzeit

seit Oktober 2020

Projektleitung

Sandra Klos, MA, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

KONTAKT

Leopoldina

Luise Beddies

Assistentin des Zentrums für Wissenschaftsforschung

Tel. 0345 - 47 239 - 119
Fax
E-Mail luise.beddies (at)leopoldina.org