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Prof. Dr.

Günter Blobel

Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 1999

Wahljahr: 1983
Sektion: Genetik/Molekularbiologie und Zellbiologie
Stadt: New York, NY
Land: USA
CV Günter Blobel - Deutsch (PDF)
CV Günter Blobel - Englisch (PDF)

Forschung

Günter Blobel war ein deutsch-US-amerikanischer Zellbiologe. International bekannt wurde er für seine Entdeckungen auf dem Gebiet der Zellfunktionen. Insbesondere hat er die Mechanismen aufgeklärt, mit denen Proteine in den Zellen sortiert und dort an den richtigen Platz dirigiert werden. Für die Entdeckung, dass Proteine eingebaute Signale haben, die ihren Transport und die Lokalisierung in der Zelle steuern, wurde Günter Blobel 1999 mit dem Nobelpreis für Medizin oder Physiologie ausgezeichnet.

Werdegang

Günter Blobel studierte von 1954 bis 1960 Medizin an den Universitäten in Frankfurt am Main, Kiel, München und Tübingen. 1960 wurde er an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen zum Dr. med. promoviert. 1967 folgte die Promotion (PhD) im Fach Onkologie an der University of Wisconsin in Madison (USA).

1976 erhielt er eine Professur für Zellbiologie an der Rockefeller University in New York. 1986 wurde er außerdem Forscher am Howard Hughes Medical Institute der Rockefeller University in New York City (USA). Ein Jahr später erhielt er die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und war ab 1992 John D. Rockefeller Jr. Professor an der Rockefeller University in New York City.

Anfang der 1970er Jahre entdeckte Günter Blobel, dass neugebildete Proteine eingebaute Signalpeptide besitzen. Er konnte zeigen, dass diese aus einigen in einer bestimmten Reihenfolge angeordneten Aminosäuren bestehen und wie „Adresszettel“ den Transport der Proteine von ihrem Entstehungsort im Zytosol zum endoplasmatischen Reticulum (ER) steuern. Dort sorgen sie für deren Einbau in oder den Transport durch die ER-Membran.

In den 20 darauffolgenden Jahren hat Blobel im Detail die molekularen Mechanismen dieser Prozesse aufgeklärt. Zudem hat er gezeigt, dass Signalpeptide die Proteine auch zu den übrigen Organellen in der Zelle leiten.

Die von Blobel beschriebenen Prinzipien haben sich als allgemein gültig erwiesen. Mehrere Erbkrankheiten beim Menschen werden dadurch verursacht, dass diese Signale und die Transportmechanismen gestört sind und nicht funktionieren. Blobels Erkenntnisse haben auch dazu beigetragen, dass Zellen effektiver für die Produktion von Proteinen als Medikamente verwendet werden können.

Später galt Blobels Interesse der Erforschung des Transports von Proteinen in den Zellkern. Insbesondere arbeitete er zu Struktur und Funktion des Kernporenkomplexes auf atomarer Ebene.

Nobelpreis

Im Jahr 1971 stellten Günter Blobel und der argentinisch-US-amerikanische Zellbiologe David Sabatini erstmals ihre sogenannte Signalhypothese vor. Dahinter verbirgt sich eine Theorie über die Sortierung von Proteinen innerhalb der Zelle. Ihr zufolge dient eine Sequenz in den Proteinen als Signal. Mit dieser strukturierenden Hilfe werden sie zu einem Bestimmungsort in der Zelle transportiert.

Eine experimentelle Bestätigung hatten Blobel und Sabatini ihrer Hypothese nicht beigefügt und so wurde sie innerhalb der Fachwelt zunächst verworfen. Blobel ließ sich davon nicht entmutigen und verbrachte die nächsten Jahren mit der Suche nach dem experimentellen Nachweis. Der Durchbruch kam 1974 am Rockefeller Institute. Mithilfe von Zellextrakten aus der Bauchspeicheldrüse eines Hundes gelang es ihm, erstmals den Prozess der Proteinsynthese und des Membrantransports im Reagenzglas (in vitro) nachzuvollziehen und damit die Signalhypothese zu bestätigen. Trotz der nunmehr vorgelegten experimentellen Bestätigung sollte es noch bis in die 1980er Jahre dauern, bis sich Blobels Arbeiten zu diesem Thema in der Fachwelt durchsetzten.

Während dieser Zeit widmete er sich der nächsten fundamentalen Frage und befasste sich damit, wie ein Protein eine Membran durchquert, um ins Innere einer Organelle zu gelangen. Im Zuge dieser Arbeiten gelang ihm der Nachweis von Kanälen, deren Transportkapazität um ein Vielfaches größer ist als die aller bis dahin beschriebenen Membrankanäle.

Die Auswirkungen von Blobels Arbeiten waren tiefgreifend. Sie leiteten innerhalb seines Fachgebiets eine neue Ära ein: die der molekularen Zellbiologie. Für seine Arbeiten über den intrazellulären Transport von Proteinen wurde Günter Blobel 1999 mit dem Nobelpreis für Medizin oder Physiologie ausgezeichnet.

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Für seine wissenschaftlichen Arbeiten wurde Günter Blobel zahlreich geehrt, darunter mit dem Steel Award in Molecular Biology der National Academy of Sciences der USA (1978), dem Gairdner Foundation Award (1982), der Mitgliedschaft in der National Academy of Sciences, dem Richard Lounsberry Award, der Otto-Warburg-Medaille (alle 1983), der Mitgliedschaft in der American Academy of Arts and Sciences der USA (1984), dem Louisa Gross Horwitz Prize (1987), der Mitgliedschaft in der American Philosophical Society der USA (1989), dem Max-Planck-Forschungspreis, der Max-Delbrück-Medaille (beide 1992), dem Albert Lasker Medical Research Award (1993), dem King Faisal International Prize for Science (1996), dem Nobelpreis für Physiologie, dem Massry-Prize der Meira and Shaul Massry Foundation (beide 1999), dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern, der Ehrenbürgerschaft der Stadt Freiberg (beide 2000), der Mitgliedschaft in der Pontifical Academy of Sciences, dem Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste sowie mit der Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Freiberg (alle 2001), dem Ehrendoktor für Philosophie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main (2002), der Mitgliedschaft in der Russischen Akademie der Wissenschaften (2008) sowie der Ehrendoktorwürde der Rockefeller University (2013).

Person

Günter Blobel kam am 21. Mai 1936 als fünftes Kind eines Tierarztes in Waltersdorf in Schlesien zur Welt. Seine Familie floh im Januar 1945 vor der anrückenden Roten Armee aus ihrer Heimat. Seine ältere Schwester Ruth wurde kurz vor Kriegsende auf einem Flüchtlingszug getötet. Die Familie fand zunächst in der Nähe von Dresden Zuflucht, von wo aus sie am 13. Februar 1945 die Zerstörung der sächsischen Großstadt miterleben mussten. Dieses Ereignis beeinflusste Blobels Leben nach eigenen Aussagen ein Leben lang.

Später ließ sich die Familie in Freiberg in Sachsen nieder, wo Günter Blobel aufwuchs. 1954 legte er an der dortigen Geschwister-Scholl-Oberschule das Abitur ab. Aufgrund seiner bürgerlichen Herkunft wurde ihm in der DDR das Studium versagt, weshalb Blobel in die Bundesrepublik ging. Seine Familie zog noch vor dem Bau der Mauer nach Hamburg.

Während eines Forschungsaufenthalts an der Rockefeller University in New York lernte er seine spätere Ehefrau, die Kunsthistorikerin und Restaurant-Betreiberin Laura Maioglio kennen.

1987 erhielt Blobel die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, fühlte sich jedoch nach eigenen Aussagen Deutschland weiterhin verbunden.

Günter Blobel engagierte sich jahrelang für Wiederaufbauprojekte von im Krieg und während der deutschen Teilung zerstörten historischen Bauwerken in Dresden und Leipzig. So gründete er 1994 die „Friends of Dresden“ und spendete im Jahr 2000 sein Preisgeld aus dem Nobelpreis für Medizin, den er 1999 erhalten hatte, für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche (1,6 Millionen DM), den Neubau der Dresdner Synagoge (100.000 DM) und den Wiederaufbau des historischen Dresdner Neumarktes (50.000 DM).

Zwischen 2001 bis 2008 setzte sich Günter Blobel als Vorsitzender des Leipziger Paulinervereins für den Wiederaufbau der 1968 gesprengten Leipziger Universitätskirche ein. 2015 wurde die in der ursprünglichen Kubatur und mit historischen Elementen neugebaute Kirche, die auch als Aula der Universität dient, eingeweiht.

Günter Blobel starb am 18. Februar 2018 in New York (USA).

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