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Dieter Langewiesche mit Lion-Feuchtwanger-Preis 2024 geehrt

Dieter Langewiesche mit Lion-Feuchtwanger-Preis 2024 geehrt

Prof. Dr. Dieter Langewiesche
Foto: Markus Scholz | Leopoldina

Der Historiker und emeritierte Professor für Mittlere und Neuere Geschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen, Dieter Langewiesche, erhält den Lion-Feuchtwanger-Preis 2024. Die Akademie der Künste Berlin würdigt damit Langewiesches „besonderen Sinn für Begrifflichkeiten“, mit dem er sich bereits seit den 1970er Jahren an Theoriedebatten beteiligt, sowie die besondere Spannung, die sein „Abwägen zwischen den Perspektiven auf das Geschehen beziehungsweise den Erklärungsansätzen der Forschung“ erzeuge, heißt es in einer Meldung der Akademie. Langewiesche ist seit 2010 Mitglied der Leopoldina in der Sektion Kulturwissenschaften.

Im Mittelpunkt von Langewiesches Forschung steht ein umfassendes Spektrum der Mittleren und Neueren Geschichte, etwa die Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, die Geschichte der Arbeiterkultur und des Bürgertums oder die Geschichte der Universitäten. Insbesondere im Bereich der Geschichte des Nationalismus und Liberalismus gilt Langewiesche als einer der führenden Experten. Er veröffentlichte verschiedene Studien zu den Revolutionen von 1848 und zur Nationalstaatsbildung im 19. und 20. Jahrhundert. Langewiesche vertritt die These, dass Nationalismus in allen Phasen nationaler Bewegungen zugleich Partizipation und Aggression beinhaltet und dass Fremdenfeindlichkeit und Kriege integrale Bestandteile der Nationsbildung sind. In einem 2019 erschienenen Werk, das eine Globalgeschichte der Kriege europäischer Staaten seit dem 18. Jahrhundert bietet, führt Langewiesche den Krieg als Gestaltungskraft in der Entwicklung von Nationen und Nationalstaaten, Revolutionen, Kolonialismus und Dekolonisierung vor Augen.

Langewiesche studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Germanistik an der Universität Heidelberg. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent wurde er 1973 am Lehrstuhl für Neuere Geschichte der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zu Liberalismus und Demokratie in Württemberg zwischen Revolution und Reichsgründung promoviert. Dort habilitierte er sich 1978 und nahm im gleichen Jahr eine Professur für Neuere Geschichte an der Universität Hamburg an. 1985 folgt er dem Ruf der Eberhard Karls Universität Tübingen, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2008 den Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Geschichte innehatte. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war Langewiesche in verschiedenen universitären und außeruniversitären Gremien tätig, etwa als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus (1996–2006), als Vorsitzender des Fachausschusses Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft (1996–2000) oder im Kuratorium der Universität Erfurt (2000–2006). Die Universität Erfurt baute er zwischen 1997 und 2000 als Prorektor selbst mit auf. Langewiesche wurde während seiner Laufbahn bereits mehrfach ausgezeichnet. 1996 erhielt er den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). 2001 wurde er mit dem Erwin-Stein-Preis der gleichnamigen Stiftung geehrt und 2019 erhielt er den Ludwig-Uhland-Preis. Seit 2013 ist er zudem Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Nachdem er bereits Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (seit 1997) und der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt (seit 1998) war, nahm ihn die Leopoldina 2010 als Mitglied in die Sektion Kulturwissenschaften auf.

Die Akademie der Künste Berlin verleiht den mit 7.500 Euro dotierten Lion-Feuchtwanger-Preis seit 1971 in unregelmäßigen Abständen für historische Prosa. Der Preis ist nach dem bedeutenden Schriftsteller historischer Romane benannt und wurde von dessen Ehefrau Marta Feuchtwanger gestiftet. Dieter Langewiesche ist der erste Preisträger seit 2009 und erhält die Auszeichnung am 7. Juli 2024, dem 140. Geburtstag Lion Feuchtwangers, in Berlin.